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23 Dez 2019

Im Schatten des großen Bruders – Die Weinrunde im Oltrepò Pavese und in den Langhe

Durch die Nachbarschaft des Oltrepò Pavese zum westlich davon gelegenen Anbaugebiet von Barolo und Barbaresco ist das 16.000 ha große Gebiet im Süden von Pavia noch vom großen, auch internationalen (Wein-)Tourismus verschont geblieben. Das hat wohl auch damit zu tun, dass rund zwei Drittel der Trauben an die großen Spumante-Kellereien wie Cinzano oder Gancia geliefert werden oder für die Produktion von Massenweinen dienen. Wirklich große Namen sucht man daher im Rotweinbereich vergeblich, obwohl das Oltrepò mit 3000 Hektar die größte Anbaufläche für Pinot Noir in ganz Italien hat. Für Liebhaber von hochwertigen Metodo-Classico-Schaumweinen jedoch bietet es einige sehr interessante Überraschungen, die eine Reise wert sind. So bietet es sich an, eine Reise in die Langhe mit einem Besuch ins Oltrepò zu verbinden.

Tagebucheintrag vom 4.4.2019

Azienda Agricola Monsupello, Torricello Verzate

1Nachdem wir den Pò überquert haben, der im Norden das Gebiet begrenzt, kommen wir zu unserer ersten Station: Azienda Agricola Monsupello in Torricello Verzate, geführt von der Familie Boatti. Das Gut umfasst an die 50 ha und ist eingebettet in eine sanfte Hügellandschaft, wie sie typisch für das Oltrepò ist. Man setzt zu 70% auf weiße Sorten, von den insgesamt 300.000 produzierten Flaschen fallen ca. 40.000 Flaschen auf den metodo classico. Es werden lediglich 5% exportiert, wie uns der Önologe Marco Bertelegni erklärt. Nach einer kurzen Führung durch den Betrieb geht es zur Verkostung. Interessant finden wir den Brut Nature aus 90% Pinot und 10% Chardonnay 2mit feiner Perlage und schöner Mineralität (90+ Punkte). Eine Klasse für sich ist der Nature 2002, eine Spezialcuvee, deren Grundwein (zu 100% Pinot) in (neuem) Holz ausgebaut wird und anschließend 10 Jahre auf der Hefe reift. Sie ist dem Gründer Carlo Boatti gewidmet. Der Wein zeichnet sich durch eine dezente Nase nach getrockneten Früchten (Birne, Apfel), Honignoten, Brotkruste aus, im Mund besticht er durch überaus elegante, cremige Perlage und Mineralität (95 Punkte).

3Von den Rotweinen finden wir den Podere la Borla 2013 aus 45% Croatina, 50% Barbera und 5 % Pinot interessant, u. a. wegen seines guten Preis-Leistungsverhältnisses: in der Nase Salbei, etwas Lakritze, am Gaumen ebenfalls würzig mit einem Hauch Bitterschokolade (89 Punkte). Der Cipperimerlo‘T 2007 rundet die Verkostung ab: in der Nase Früchte in Alkohol, Trockenpflaume, balsamische Noten, Trüffel, im Mund sehr saftig, mit einer schönen Länge und gut eingebundenen Tanninen (92 Punkte).

Tenuta Conte Vistarino, Pietra de‘ Giorgi

Von Torricella Verzate geht es weiter Richtung Pietra de‘ Giorgi zur Tenuta Conte Vistarino.

4Dort erwartet uns bereits Vittorio Merlo, Önologe aus Trient und, wie er sagt, stolz darauf, in diesem renommierten Haus arbeiten zu dürfen. Bei seinem kurzen Streifzug durch die Geschichte der Tenuta erkärt er uns, dass das Gut seit dem 17. Jh. im Besitz der Familie Giorgi Vistarino ist. Mitte des 18. Jh. wurden die ersten Pinot-Reben angebaut, woraus Conte Carlo Vistarino bereits im Jahr 1865 den ersten Spumante „Metodo Classico“ erzeugte. Die Familie hat mit dem “1865“ diese Tradition bis heute weitergeführt. Das Gut umfasst insgesamt knapp 830 Hektar und erstreckt sich über das Tal des Flusses Scuropasso. Die Weinberge machen ca. 200 ha aus, wovon 140 allein auf Pinot entfallen. Weitere angebaute Rebsorten sind Pinot Grigio, Riesling, Croatina, Cabernet Sauvignon, Merlot, Barbera, Chardonnay und Moscato, von denen insgesamt an die 350.000 Flaschen erzeugt werden. Die Reben wachsen bis auf 500 m Meereshöhe. Bis in die 90er Jahre wurde der Wein offen verkauft, inzwischen setzt die Familie auf die Produktion von Qualitätsweinen.

5Wie uns Vittorio erklärt, verfügt das Gebiet über ein spezielles Mikroklima, da vom südlich gelegenen Monte Pelice kalte Luft herunterströmt, die für einen guten Luftaustausch sorgt, ideal für den Pinot. Um die verschiedenen Lagen und deren Expositionen zu veranschaulichen, führt er uns in das 2017 fertiggestellte, moderne Gebäude, in dem ein schönes Modell der Tenuta und der umliegenden Weinberge aus Holz steht. Für die Verkostung der Weine begeben wir uns in den nett gestalteten Verkostungsraum, in dem wir uns um einen runden Stehtisch gesellen.

Wir beginnen die Verkostung mit der Cepàge Metodo Classico Oltrepò Pavese DOCG Millesimato Pas Dosé 2015 (80% Pinot, 20% Chardonnay): Der Wein präsentiert sich noch etwas rau mit leicht bitteren Noten (89 Punkte). Der 1865 Metodo Classico Oltrepò Pavese DOCG Millesimato Pas Dosé 2013 (100% Pinot, degorgiert 2018) zeichnet sich in der Nase durch leicht rauchige Noten und dezente Frucht aus, im Mund durch schöne Perlage sowie Saftigkeit (91+ Punkte).

Sehr interessant auch der Bertone 2015 (100% Pinot): schöne Himbeerfrucht, etwas Kaffee, im Mund würzig (Gewürznelke), noch etwas kantiges Tannin, aber mit gutem Potential (92 Punkte). Der Tavernetto 2015 (100% Pinot) besticht ebenfalls durch schöne Frucht in der Nase, dezente Vanilletöne, Kakaonoten, im Mund Zimt, Gewürznelke, gut strukturiert und lang (91 Punkte). Die Stilistik der Weine zieht sich wie ein roter Faden durch, zeichnen sich doch alle Weine durch reife, fast gekochte Frucht aus. Das sei noch die Handschrift des früheren Önologen, der 2017 im Streit die Tenuta verlassen hat, sagt Vittorio. Er sei der Nachfolger und möchte seinen Stil verwirklichen. Wir können gespannt sein, ob und wie es dem jungen, ambitionierten Önologen gelingen wird.

Den Hunger stillen wir im Ristorante Vino dei Frati“ in Soriasco. Der Abstecher lohnt sich allemal, hier wird traditionelle piemontesische Küche in gemütlichem Ambiente geboten.

Consorzio Club del Buttafuoco storico, Canneto Pavese

Etwas Besonderes erwartet uns nach dem Essen: eine Verkostung im Consorzio Club del Buttafuoco storico. Der Club wurde 1996 von elf jungen Winzern der Gegend gegründet, um die Tradition des Buttafuoco zu wahren. Er hat es sich zum Ziel gesetzt, die alte Tradition des Buttafuoco wiederzubeleben, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Die Bestimmungen sind streng: es dürfen nur die autochthonen Sorten Croatina, Barbera, Uva Rara und Ughetta di Canneto aus derselben Lage verwendet werden. Es handelt sich also um „Cru-“Weine. Das überschaubare Produktionsgebiet von 2000 Hektar erstreckt sich auf dem sog. „Sperone di Stradella“, der im Westen vom Bach Scuropasso, im Osten vom Bach Versa, im Norden von der Poebene und im Süden von den Gemeinden Castana und Pietra de Giorgi begrenzt wird. Der Wein reift für mindestens 12 Monate im Holzfass und mindestens weitere sechs Monate auf der Flasche. Eine weitere Besonderheit ist die Abfüllung in speziellen Flaschen mit einer Prägung (Segelschiff und Schriftzug „Buttafuoco“). Eine unabhängige Kommission verkostet die Weine und vergibt zwischen drei und sechs Flammen je nach Güte des Weines (drei steht für Weine zwischen 80 und 85 Punkten, vier für Weine zwischen 86 und 90, fünf für Weine zwischen 91 und 95, sechs für Spitzenweine von 96 bis 100 Punkten).6

Wir haben die Gelegenheit, einige Flaschen der Produzenten des Consorzio zu verkosten.

Am interessantesten sind Carla Colombos Vigna di Frach Buttafuoco Doc 2013 (90 Punkte) sowie Franco Giorgis Buttafuoco Giorgi 2012 (89 Punkte). Insgesamt erscheinen uns die Weine recht rustikal und bleiben unter unseren Erwartungen. Trotzdem verdient die Initiative des inzwischen auf 14 Mitglieder angewachsenen Clubs Aufmerksamkeit, bemüht er sich doch, eine gewachsene Tradition aufrecht zu erhalten und mit den Möglichkeiten moderner Kellertechnik zu verbinden.

Abendessen Al Casello in Retorbido: In dem ehemaligen Bahnwärterhaus, das liebevoll mit allerlei Erinnerungen an die Zeit der ursprünglichen Bestimmung des Gebäudes ausgestaltet ist, findet man eine gute Auswahl an Craft-Bieren und Weinen. Nettes Lokal, freundliche Bedienung, gutes, preislich angemessenes Essen.

Tagebucheintrag vom 5.4.2019

La Spinetta, Castagnole Lanze

7Bereits im Jahr 2009 hatten wir dem Piemont einen Besuch abgestattet und wussten: wir kommen wieder. Endlich ist es wieder soweit. Erste Station ist La Spinetta in Castagnole Lanze, wo wir bereits von Manuela Rivetti, einem Mitglied der Besitzerfamilie, erwartet werden.

Natürlich darf bei einem Besuch ein kurzer Streifzug durch die Familiengeschichte nicht fehlen, und so erzählt Manuela von ihren Großeltern, die ihr Glück in Argentinien suchten, mit dem Ziel, anschließend wieder ins Piemont zurückzukehren, um Wein zu produzieren. Sie kamen nicht zurück, schließlich setzte ihr Sohn Giuseppe mit seiner Frau Lidia die Idee in die Tat um und gründete 1977 das Weingut La Spinetta, übersetzt „die Spitze des Hügels“, auf dem das Weingut steht. Zunächst war es die klassische Rebsorte für die Gegend, nämlich Moscato d’Asti, den sie anbauten und dessen Potential sie auszuschöpfen versuchten, z. B. mit dem ersten Cru.

Bald kam der erste Rotwein dazu, ein Barbera. Nachdem die drei Söhne von Giuseppe das Gut übernommen hatten, brachten sie einen damals revolutionären Wein auf den Markt, den PIN, eine Cuvee aus Barbera und Nebbiolo. Der Name war eine Hommage an ihren Vater, dessen Spitzname Pin war. Inzwischen bearbeitet die Familie an die 100 Hektar im Piemont, weitere 70 Hektar in der Toskana. Seit einiger Zeit arbeite man an der Umstellung auf biologischen Landbau, erklärt Manuela, die mit großer Begeisterung erzählt, man merkt ihr die Liebe zum Wein und die Verbundenheit zum Betrieb an.

Bei der anschließenden Verkostung der Weine verstehen wir ihren Enthusiasmus noch etwas besser.

8Barbera d’Asti Superiore DOCG Bionzo 2015: In der Nase Brombeere, schwarze Johannisbeere, im Mund reife Frucht, schöne Struktur und Länge, feines Tannin (91+ Punkte).

Pin 2013 (35% Barbera, 65% Nebbiolo): Johannisbeere, Stachelbeere, im Trunk sehr schöne Länge und Eleganz, gutes Rückgrat (93 Punkte).

Sehr interessant der Barbaresco Bordini 2016: Minze, Pilze, getrocknete Früchte in der Nase, im Mund Würze, bereits schön eingebundene Tannine (94 Punkte).

Barolo Campè 2009: Kaffee, Kakao, Süßholz, Kardamom, im Trunk Himbeergeist, Lakritze, sehr schöne Länge und gute Tanninstruktur, vielschichtiger Wein (93+ Punkte).

Essen in der Trattoria Antica Torre Barbaresco: gute Vorspeisen, schöne Auswahl an lokalen Weinen.

Tenute Cisa Asinari di Marchesi di Grèsy, Barbaresco

Glücklicherweise liegt unsere nächste Station nicht allzu weit entfernt, so dass wir lediglich mit leichter Verspätung bei den Tenute Cisa Asinari di Marchesi di Grèsy ankommen.

9 In einer kurzen Einführung von Matilde, der Tochter des Hauses, erfahren wir einiges über die Tenuta: in den vier dazugehörigen Betrieben werden insgesamt 200.000 Flaschen auf 45 Hektar bewirtschafteter Fläche in den Langhe und in Monferrato produziert, der Hauptsitz ist das Gut Martinenga im Herzen des Barbaresco. Das Gut ist seit Ende des 18. Jahrhunderts im Besitz der Familie Grèsy, mit der Weinproduktion im großen Stil wurde allerdings erst nach dem 2. Weltkrieg begonnen. Alle Cru-Weine werden im Barrique ausgebaut. Bei der Verkostung haben es uns folgende Weine besonders angetan:

10Villa Martis Langhe Rosso 2015 (60% Barbera d’Alba, 40% Nebbiolo): Weichsel, Kirschkern, dezente Röstaromen, im Mund ansprechend und sehr trinkig (91 Punkte).

Barbaresco Gaiun Martinenga 2013: Leder, Tabak, roter Pfeffer, im Mund Kaffee, Schokolade, tabak, sehr feine, perfekt eingebundene Tannine (95 Punkte).

Barbaresco Riserva Camp Gros Martinenga 2013: Leder, Veilchen, Tabak, Rosmarin, am Gaumen Lakritze, schöne Fruchtsüße, sehr feines Tannin, große Eleganz (96 Punkte).

Fletcher Wines, Barbaresco

Unser nächstes Ziel kann man von der Tenuta Martinenga aus sehen. Es liegt im Talboden und ist der ehemalige Bahnhof von Barbaresco an der stillgelegten Bahnstrecke zwischen Alba und Asti, das die Familie Fletcher aus Australien im Jahr 2014 gekauft und liebevoll hergerichtet hat. Dave Fletcher, der 2012 nach Italien kam und als Önologe in verschiedenen Betrieben, u. a. bei Ceretto, gearbeitet hat, produziert gemeinsam mit seiner Frau seit 2016 seine eigenen Weine. Die Jahresproduktion liegt bei 18.000 Flaschen, wie uns Eleanor, die Frau von Dave erzählt.

11Sie spricht inzwischen sehr gut Italienisch, auch wenn sie zugibt, dass es für sie eine große Umstellung bedeutete, ihren Lebensmittelpunkt nach Italien zu verlegen. Das Sortiment der produzierten Weine reicht vom „Orange Wine“ bis zum Lagenbarolo. Die Verkostung der Weine im Schnelldurchlauf (leider waren wir wieder einmal zu spät dran…) findet in der ehemaligen „biglietteria“ des Bahnhofs statt, einem nostalgischen Ort, dem die Fletchers wieder Leben eingehaucht haben:

Arcato 2015 (75% Arneis, 25% Moscato): Der Bio-Wein wird auf der Maische vergoren und wird wie alle anderen Weine nicht geschönt und nicht filtriert. In der Nase Anis, leicht oxidative Noten, im Mund saftig-mineralisch (88 Punkte).

Barbera d’Asti 2017: Ziel der Fletchers war es, einen trinkigen Barbera zu machen, was ihnen gelungen ist. Schöne Frucht mit angenehmer Säure (87 Punkte).

Barbaresco Starderi Cru Barbaresco 2016: Leder, eingelegte Früchte, im Mund schönes, feines Tannin, gute Struktur (91+ Punkte).

Abendessen im Enoclub in Alba: ausgezeichnete lokale Küche, sehr gute Weinkarte mit über 600 Etiketten, der Schwerpunkt liegt auf besonderen Weinen der Zonen um Alba. In Erinnerung geblieben: Alta Langha Zero Riserva Pas Dosè von Enrico Serafino sowie Io cammino da solo, ein Orange wine aus Timorasso von Daniele Ricci.12

Tagebucheintrag vom 6.4.2019

Ceretto, Alba

Schon die Auffahrt zur Tenuta Monsordo Bernardina wirkt äußerst gediegen und lässt einiges erwarten.

Selena, die Mitarbeiterin, die uns willkommen heißt, führt uns in die Aussichtskuppel des Betriebes, die einer einzelnen Traube nachempfunden ist und den Blick auf die umliegenden Weinberge freigibt. 13

Sie erzählt eloquent und mit typischem Zungenschlag der Gegend. Wir erfahren, dass der Familienbetrieb über 160 Hektar verfügt und sich auf vier Weingüter verteilt: Ceretto Tenuta Monsordo Bernardina in Alba, Bricco Rocche in Castiglione Falletto, Bricco Asili in Barbaresco sowie I Vignaioli di S. Stefano in Santo Stefano Belbo.

14Es werden 17 verschiedene Weine erzeugt, die Jahresproduktion beläuft sich auf 1,2 Millionen Flaschen, wovon 50% für den Export bestimmt sind.

Seit dem Jahr 2015 werden die Weine nach biologischen Richtlinien erzeugt und im Barrique ausgebaut. In den 80er Jahren fingen Winzer in den Langhe an, mit Barriques zu experimentieren, was bei den „Traditionalisten“, die auf den Ausbau im großen Fass schworen, auf Widerstand stieß. Bis ins Jahr 2000 blieben die beiden Brüder Marcello und Bruno der Tradition treu, erst die nächste Generation führte eine neue Stilistik ein, nämlich die Weine nach einem Ausbau im kleinen Fass noch für weitere 2 Jahre im großen Fass reifen zu lassen.

Zweifellos kann Ceretto als einer der „Big“ der Region bezeichnet werden.

Die Geschwister verstehen es nicht nur, exzellente Weine zu machen, sie verstehen sich auf gutes Marketing. Zudem verfügen sie über einen Sinn für moderne Architektur und Kunst, was sich in den verschiedenen modernen Bauten widerspiegelt und in Events und Ausstellungen, die von den Geschwistern organisiert werden.

15Die anschließende Verkostung der Weine überzeugt uns von der hohen Qualität der verschiedenen Lagenweine. Hervorzuheben sind auch die gediegenen Verkostungsläser, welche die Güte der Weine nochmals unterstreichen.

Kaum vorstellbar, dass der Barolo vergangener Zeiten bisweilen ungenießbar war. Selena gibt hierzu eine kleine Anekdote zum Besten: Wurde ein Barolo zu einem bestimmten Anlass verschenkt, hieß es: „Lascialo ancora un pò che sparisce il pùz de merdin….

Barbaresco Bernadot 2015: Lakritze, Leder, balsamische Noten, noch etwas ungestümes Tannin (90 Punkte)

Barbaresco Asili 2014: Rote Früchte, Pflaume, balsamische Noten, im Mund schöne Fruchtsüße und geschmeidiges Tannin (93 Punkte)

Barolo Prapò 2014: Leder, balsamische Noten, Dörrpflaume, Veilchen, im Mund geschmeidig, mit ansprechender Frucht und dichter Tanninstruktur (93 Punkte)

Barolo Brunate 2013: Lakritze, Tabak, eingelegte Früchte, am Gaumen Kirschfrucht und strammen Tanninen (93 Punkte)

Barolo Bricco Rocche 2009: In der Nase Lakritze, Leder, Mon-Cheri-Kirsche, im Mund schöne Fruchtnoten, sehr lang (94 Punkte)

Barolo Cannubi San Lorenzo 2008: Lakritze, Brombeere, Rosmarin, Salbei, im Mund feinstes Tannin, Süße und Schmelz (96 Punkte)16

25 Mrz 2019

Zwischen Tradition und Moderne

Die Weinrunde unterwegs im Rioja

Bei verschiedenen Gelegenheiten hatten wir in der Weinrunde bereits ältere, teilweise wirklich alte Weine aus dem Rioja verkostet und waren stets beeindruckt, wie langlebig diese Weine aus der Tempranillo-Traube sein können. Doch auch jüngere Exemplare, eher „modern“ ausgebaut, fanden unseren Gefallen. So wollten wir bei einer Reise in dieses vielschichtige, aber auch traditionsreiche spanische Weingebiet mehr darüber erfahren, was einen „richtigen“ Rioja ausmacht.

Der Reise ging natürlich ein Faktencheck voraus, der helfen sollte, eine Wissensbasis zu haben und die Eindrücke und Erfahrungen in einen Zusammenhang einzubetten.

Das Weinbaugebiet Rioja, abgeleitet vom Rio Oja, der die Region durchfließt, teilt sich in drei Subregionen, um den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen wie auch der Bodenbeschaffenheit und nicht zuletzt der Meereshöhe Rechnung zu tragen. So ist die Region Alavesa, im Baskenland nördlich des Ebro, die höchstgelegene; westlich der Hauptstadt Logroño liegt die Rioja Alta, während die Rioja Baja östlich von Logroño bis nach Navarra reicht und wesentlich tiefer liegt. Die Böden reichen von Schwemmland- über eisenhaltige Lehm- bis hin zu Kalk-Lehm-Böden.

Über 19.000 Betriebe bewirtschaften insgesamt eine Rebfläche von 63.000 Hektar (im Vergleich dazu: Südtirol hat eine Rebfläche von 5400 ha, die von 5000 Betrieben bewirtschaftet werden).

Um zu verstehen, warum das Weinbaugebiet vor allem seit dem 19. Jahrhundert eine so wichtige Rolle für Spaniens Weinwirtschaft spielt, muss man das Rad der Zeit etwas zurückdrehen. Das Gebiet profitierte enorm vom Wissen der französischen Weinbauern, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts ihre von der Reblaus verwüsteten Weinberge im Bordeaux verließen und hierher auswanderten, um hier, in der vom Schädling (noch) verschonten Gebiet, Wein zu erzeugen. Geblieben ist u. a. die Tradition, die Weine im kleinen (amerikanischen) Eichenfass über längere Zeit reifen zu lassen, um daraus die besten Qualitätsstufen Reserva und Gran Reserva zu produzieren.

Tagebucheintrag vom 22.4.2018

Der Flug von Venedig nach Bilbao im Baskenland liegt hinter uns. Auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel fallen die zweisprachigen Schilder auf, die den Weg in Baskisch und in Spanisch weisen. Das Selbstbewusstsein der Basken, so wird uns klar, hat wohl viel mit ihrer Sprache zu tun, handelt es sich doch um eine Sprache, die keinerlei Verwandtschaft zu anderen europäischen Sprachen aufweist und vermutlich deshalb so unbekannt anmutet. Sie wird von insgesamt 750.000 Menschen im Baskenland und der spanisch-französischen Grenzregion gesprochen.

Wir nutzen die Gelegenheit zum Besuch des Guggenheim-Museums. Er gehört zu den Pflichtterminen bei einem Aufenthalt in Bilbao.fasdf

Kulinarisch hat das Baskenland einiges zu bieten. Nach Kyoto gibt es dort die meisten Michelin-Sterne-Köche pro Einwohner weltweit, was möglicherweise auch mit den Sociedades Gastronómicas zu tun hat, Vereinen, in denen Freunde sich regelmäßig zum Kochen und zum anschließenden Essen treffen. Sie sind ausschließlich Männern vorbehalten.

Wir dürfen also auf einige interessante Erlebnisse gespannt sein. Das Abendessen im Los Fueros führt uns in die lokale/regionale baskische Küche ein: solide, schnörkellos, genuin. Das Interieur: ebenfalls nüchtern, unprätentiös. Das Essen: sehr gut.

Tagebucheintrag vom 23.4.2018

Fahrt durch die Sierra Cantabria Richtung Haro. Die Nebel hängen tief, alles ist noch feucht vom nächtlichen Regen. Ein Schild mit der Aufschrift „Region Rioja“ begrüßt uns. Haro, das Ziel unserer ersten Etappe, ist erreicht. Eine Kellerei grenzt an die andere, auch klingende Namen wie Rioja Alta, Bodegas Muga, Viña Tondonia, Lopez Heredia sind darunter.

Bodegas Muga, Haro

Erste Station ist das Weingut Bodegas Muga, ein Familienbetrieb, den es seit 1932 gibt. Der Betrieb hat eine eigene Stilistik entwickelt, die u. a. mit dem konsequenten Einsatz von neuem Eichenholz zu tun hat. Die Besucher werden in einem sehr schönen Verkostungs- und Verkaufsraum begrüßt. Von den verkosteten Weinen besticht besonders die Reserva Selección Especial 2012 mit balsamischen Noten, Cassisfrucht, Leder, Tabak, einer schönen Amarenafrucht im Gaumen, einer eleganten Struktur und Saftigkeit. Nicht umsonst wurde dieser Wein von Falstaff mit 93 Punkten bewertet.

CVNE, Haro

Im Viertel des ehemaligen Bahnhofs haben einige der renommiertesten Kellereien von Haro ihren Sitz, sodass der Weg zur nächsten Kellerei, nämlich CVNE, nicht weit ist. Beim Namen handelt es sich um eine Abkürzung, die für „Compañía Vinícola del Norte del España“, steht, welche seit 1879 existiert. Zu CVNE gehören heute die Güter „CVNE“, „Imperial“ sowie „Viña Real“.

Wir werden im CVNE von einem freundlichen Mitarbeiter empfangen, der uns die Philosophie des Weingutes erklärt. Es gehe um die Wertschätzung alter Struktur, man dürfe sich in der Weinerzeugung aber dem Neuen nicht verschließen. Wenn man weiß, dass das Gebäude von Gustave Eiffel geplant wurde, versteht man, was gemeint ist. Die besondere Dachkonstruktion der Lagerhalle erforderte eine Bauzeit von 19 Jahren (1890 – 1909).asdfdsf

Mit der Reblauskatastrophe in Frankreich wurde auch die Weinbautechnologie importiert. Dies kam dem Ort zugute, da die technische Entwicklung dazu führte, dass Haro fast zeitgleich mit London und Paris elektrifiziert wurde. Ebenso bekam Haro eine Schienenanbindung nach Bordeaux, was den Export von Weinen in größerem Stil ermöglichte.

Heute ist CVNE ein moderner Betrieb, der bei der Herstellung der Weine auf strenge Selektion bereits im Weinberg setzt. In 25.000 Barriques reifen Weine für jährlich 3 Mio. Flaschen. Die Crianzas reifen zwei Jahre, davon ein Jahr im Barrique, die Reservas insgesamt drei Jahre, davon ebenfalls ein Jahr im kleinen Fass. Für die Gran Reservas vergehen fünf Jahre, von denen der Wein zwei Jahre im Barrique reift.

Die Verkostung von Weinen auch der anderen dazugehörigen Weingüter gibt uns eine Idee davon, welches Alterungspotential in den Weinen liegt. Besonders hervorzuheben sind der Gran Reserva 2011 des Gutes Viña Real, der zu 40 % in amerikanischem und zu 60 % in französischem Holz reift: Lakritze, Kaffe, Vanilletöne, im Mund Erdbeere, dunkle Früchte, wunderbare Länge und Eleganz. Der Asua 2015 vom Gut Imperial ist zwar noch sehr jung, lässt aber durch seine Dichte und Tiefe erahnen, welche Eleganz in einigen Jahren zu erwarten ist.asdfasdffdsw

Den Abschluss bildet ein Imperial Gran Reserva 1987. In der Nase besticht der Wein durch Weihnachtsgewürze, Trockenfrüchte, aber auch eine ausgeprägte Brettanomycesnote, welche laut Auskunft von Anna, der Önologin des Hauses, früher durchaus typisch für Rioja-Weine war.

Im Mund präsentiert sich der Wein, rund, ausgeglichen, mit feinen Tanninen, wunderbarer Süße und noch erstaunlicher Frische.

La Rioja Alta, Haro

Die nächste Bodega, welche ebenfalls auf eine lange Tradition in Haro blicken kann, ist La Rioja Alta. Im Jahre 1890 haben sich 5 Familien zur „Sociedad Vinicola de la Rioja Alta“ zusammengeschlossen. Bis heute wird das Gut von den Nachkommen der Familien geführt. Auch hier wird auf modernste Kellertechnik gesetzt. Bereits die Einfahrt wirkt sehr gediegen, auch im Inneren des Hauses wurde nicht gespart. Man scheint nicht viel Zeit zu haben, deshalb ist die Einführung, in der wir die wesentlichen Fakten vom distinguierten Herrn Francisco Rodriguez erfahren, kurz und bündig: das Weingut verfügt über ca. 400 ha, im Weinkeller lagern 40.000 Barriques aus amerikanischer Eiche, jährlich werden 2,5 Mio. Flaschen verkauft. Davon gehen 64 % in den Export, der Rest wird im Inland verkauft. Das Weingut verfügt über Bodegas auch in anderen Weinregionen wie Ribera del Duero, Galicia und Rioja Alavesa. Soviel zu den Fakten.

Von den verkosteten Weinen gefallen uns besonders die Gran Reserva 904 2007: Tabak, Walderdbeere in der Nase, im Mund feingliedrig, saftig, ein klassischer Rioja wie man ihn sich wünscht! Torre de Oña Martelo 2012: In der Nase Weihrauch, Lakritze, Kirsche, im Mund wunderbare Fülle und Dichte, komplexer Wein mit großem Alterungspotential.

Nach diesem grandiosen Auftakt geht die Fahrt weiter durch Hügellandschaften, dicht bestückt mit Reben, Richtung Logroño. Die Stadt ist Durchgangsort für Pilger auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Für den Abend haben wir uns einen Ausflug in die hübsche, von vielen jungen und junggebliebenen Menschen bevölkerte Altstadt vorgenommen, um in den Genuss der berühmten Pintxos, der baskischen Tapas, zu kommen. In der Via Laurel reiht sich eine Pintxeria an die andere, für jeden Geschmack ist etwas dabei, so dass niemand von uns hungrig ins Bett gehen mus.

Tagebucheintrag vom 24.4.2018

Der Nebel scheint hier in der Gegend eine fixe Begleiterscheinung zu sein, so auch auf der Fahrt von Logroño nach Elciego. Dort wollen wir eine der bekanntesten Kellereien in diesem Gebiet besuchen.

Marques de Riscal, Elciego

Francesca, eine freundliche junge Dame aus Trient, empfängt uns und erzählt ambitioniert die Geschichte der Bodega, welche seit der Gründung im Jahr 1858 durch Guillermo Hurtado de Amézaga auf eine traditionsreiche Geschichte zurückblicken kann. Seit im Jahre 2006 das 80 Mio. Euro teure Hotel im Areal des Weingutes eröffnet wurde, hat Elciego einen ganz besonderen Blickfang. Das Gebäude, geplant vom Stararchitekten Frank Gehry, bricht mit Tradition und Stil: geschwungene Linien, die im Kontrast zu den Formen der Gebäude der Umgebung stehen. Gehry war es wichtig, Baustoffe aus der Gegend zu verwenden, für die Verkleidung kamen moderne Materialien wie Titan und Edelstahl zum Einsatz. Mit der Farbwahl der Materialien wollte er einen direkten Bezug zum Weingut herstellen: Rosa wie roter Wein, Gold wie das Netz um die Flaschen von Marqués de Riscal Reserva und Silber wie die Flaschenkapseln.4gfdsg

Um die Herstellung der Weine kümmern sich 110 Angestellte. Die Trauben für die Weine wachsen auf 1500 Hektar Land zwischen Elciego und angrenzenden Dörfern wie Leza, Laguardia und Villabuena. Dabei sind 500 ha im Besitz des Weingutes, der Rest gehört den Bauern, welche die hochwertigen Trauben liefern. Die Böden auf den verschiedenen Terrassenhängen über dem Fluss Ebro bestehen aus kalkhaltigem Lehm. Diese Gegend des Weinbaugebiets Rioja Alavesa zeichnet sich durch Weine aus, die hervorragend altern, was sie dem hohen Säuregehalt und der guten Tanninstruktur der Traubenmoste verdanken.

Der Großteil der hier produzierten Weine besteht aus Tempranillo, auch Cabernet Sauvignon wird in geringen Mengen verwendet, was allerdings nur durch eine Sondergenehmigung möglich ist, da diese Rebsorte von den Bestimmungen des Qualitätssystems einer „Denominación de Origen Calificada“ (D.O.Ca) ausgenommen ist. Die produzierte Menge beläuft sich auf 5 Mio. Flaschen pro Jahr, dabei ausschließlich in Reserva- und Gran-Reserva-Qualität.

Die sehr aufschlussreiche und höchst interessante Führung schließen wir mit einer ausgiebigen Verkostung ab. Von den Weißweinen gefällt uns der Limousin 2016 aus 100 % Verdejo (wird in Rueda produziert), der Baron de Chirel 2015, ebenfalls aus Verdejo, mit dezent buttrigen Noten, gelben Früchten, Veilchen, im Mund ausgeglichen und lang – ein vielschichtiger Wein.5fdasfesr

Marques de Riscal 150 aniversario 2010 (88 % Tempranillo, 12 % verschiedene andere Rebsorten): in der Nase rote Früchte, Tabak, schwarzer Pfeffer, mundfüllend, tief und komplex.

Zum Abschluss genießen wir in der Bar des Hotels noch einen Marques de Riscal Gran Reserva 2007, den wir als wunderschönen, klassischen Rioja bezeichnen würden: kleine rote Beeren in der Nase, balsamische Noten, Würze, im Mund elegant und ausgeglichen.

Bodega Luis Cañas, Villabuena

Wir fahren weiter ins ca. 7 km entfernte Villabuena, zur Bodega Luis Cañas. Auch hier werden wir wieder freundlich aufgenommen. Carmen, eine Mitarbeiterin des Betriebes, begrüßt uns stellvertretend für den Besitzer, Juan Luis Cañas. Zum Weingut gehören drei unterschiedliche Bodegas, wie sie uns zur Einführung erklärt: die Bodega hier, Amaren in 3 km Entfernung und Dominio de Cair in Ribera del Duero. Hier arbeiten drei Generationen unter einem Dach. Dazu erzählt Carmen eine kleine Anekdote: Gründer Luis, der inzwischen über 80 Jahre alt ist, komme jeden Tag um 13 Uhr auf ein Gläschen Weißwein vorbei. Ab und zu helfe er noch im Betrieb mit. Wir haben das Glück, dass wir ihn kurz sehen und ihn begrüßen dürfen. Er scheint aber inzwischen gerne seine Ruhe zu haben, schnell zieht er sich wieder zurück.

Hier, im Herzen der Rioja Alavesa, beeinflussen die Berge der Sierra Cantabria im Norden das Klima. Sie schützen vor Wind und Kälte, im Südwesten bildet die Sierra della Demanda einen Schutzwall gegen zuviel Hitze und Regen. Das Gebiet ist bestückt mit vielen alten Reben, im Schnitt um die 60 Jahre. Die Bodega bewirtschaftet insgesamt 350 ha, die im Umkreis von 15 km liegen. Der Besitzer hat sich einer möglichst naturnahen Arbeitsweise verschrieben, es werden keine Reinzuchthefen verwendet, sondern man setzt auf Spontanvergärung. Auch kommt nur biologischer Dünger zum Einsatz. Auf 16 ha Rebfläche wird inzwischen konsequent biologisch gearbeitet.

6gfsdgfdJuan Luis Cañas, der die Führung des Betriebes im Jahre 1989 vom Vater Luis übernommen hat, bezeichnet sich selbst als Modernisten. Er bezieht sich dabei wohl auf die Entscheidung, zu 70 % auf französische Eiche beim Fassausbau zu setzen und lediglich zu 30 % auf den Einsatz von amerikanischem Holz. Im modernen Barriquekeller lagern 4300 Fässer, die nach 5 bis 6 Jahren ausgetauscht werden. Im Jahre 1995 kam das Weingut Amaren dazu, was in Baskisch Mutter heißt. Es ist eine Hommage an die Mutter Angeles, an ihren unermüdlichen Fleiß und ihren Einsatz.

Wir kommen nach der Führung durch Weinberg und Betrieb in den Genuss einer bestens organisierten „cata en el Mirador de Luis Cañas“, also einer Verkostung am Aussichtspunkt von Luis Cañas. Tatsächlich liegt der Kubus, in dem die Degustationen stattfinden, am oberen Rand des Weinbergs, man hat einen wunderbaren Blick auf die Landschaft.

Inzwischen ist auch der Önologe Pedro zu uns gestoßen, ein freundlicher kleiner Mann mit wachen Augen, der sich anfangs dezent im Hintergrund hält, sich aber zunehmend in die lebhafte Diskussion einbringt.

7gdfsgrdtWir starten mit dem Luis Cañas Blanco Fermentado Barrica 2017, einem Wein aus Viura und Malvasia von alten Reben, vier Monate im Barrique gelagert, der sich mit einer leicht buttrigen Note, voll und voluminös präsentiert.

Luis Cañas Reserva 2012: Dieser Wein lagert 18 Monate in gebrauchten Eichenfässern. In der Nase Noten nach Kaffee, Kakao, roten Früchten, im Mund schön integriertes Tannin, weich und geschmeidig – ein Wein mit einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis.

Luis Cañas Reserva Seleccion de la Familia 2012: Durch die Beigabe von Cabernet Sauvignon ein Wein moderner Machart, der im Bouquet durch Noten von Schokolade und dunklen Früchten besticht, am Gaumen zeigt er sich sehr dicht und lang.

Weiter geht es mit dem Angeles de Amaren 2012 aus 85 % Tempranillo und 15 % Graciano. Die Rebstöcke sind mindestens 40 Jahre alt. In der Nase präsentiert er sich vielschichtig: Jod, Zimtrinde, Kaffee, Schokolade, am Gaumen saftig, gleichzeitig mit einer schönen Fülle und einer wunderbaren Länge.

Den fulminanten Abschluss der Verkostung bildet der Hiru 3 Racimos 2010. Der Name steht für die Zahl 3 auf Baskisch. Damit soll ausgedrückt werden, dass jeder der Tempranillo- und Graciano-Rebstöcke nicht mehr als drei Trauben trägt und damit bereits im Weinberg eine mengenmäßige Selektion stattfindet. Die Rebstöcke sind über 60 Jahre alt. In der Nase Noten nach getrockneten Feigen, Lakritze, Tabak, Zimt, balsamischen Noten, im Trunk Karamellnoten, Kirsche, Himbeere. Der Wein füllt den Mund perfekt aus, ist sehr sehr dicht mit feinen, präsenten Tanninen.

Wir machen uns beschwingt und durch schöne Erfahrungen bereichert auf nach Logroño, wo wir im Restaurant En Ascuas Asador einen Tisch reserviert haben. Auf der Karte stehen typische Gerichte wie: gefüllter Lammdarm, Blutwurst oder diverse Innereien. Es gibt aber auch ein solides T-Bone-Steak und andere, etwas schmeichelhaftere Gerichte. Bei der Auswahl ist uns der Chef des Hauses behilflich, so dass jeder von uns auf seine Kosten kommt. Die Weinkarte ist umfangreich, mit vielen Weinen aus der Umgebung.

Tagebucheintrag vom 25.4.2018

Auf der Fahrt zurück nach Haro machen wir noch Halt im mittelalterlichen Städtchen Laguardia mit der sehenswerten gotischen Pfarrkirche Santa María de los Reyes. Auch hier sind die starken Einflüsse des Wein- und Pilgertourismus nicht zu übersehen.

Bodegas Remelluri, Labastida

Das Weingut liegt am Hang auf knapp 700 m Meereshöhe und ist über eine Schotterstraße erreichbar. Man hat einen atemberaubenden Blick auf die Ebro-Senke, im Südosten erblickt man das mittelalterliche Städtchen San Vincente. Geschäftiges Treiben ist hinter den alten Mauern der Lagerhalle zu hören. Oscar, im Weingut zuständig für die Vermarktung der Weine, begrüßt uns herzlich. Er spricht gut Italienisch, da er für einige Zeit im Piemont tätig war. Er führt uns in die Geschichte des Betriebes ein und versucht, Bezüge zur aktuellen Situation im Rioja herzustellen. So erfahren wir, dass das Weingut im Mittelalter als Zulieferbetrieb („Granja“) für ein in den Bergen gelegenes Kloster diente. Vom Kloster ist inzwischen nichts übrig geblieben, dafür strahlt das Weingut eine besondere Energie aus. Den jetzigen Besitzern Telmo Rodríguez und seiner Schwester Amalia gehe es darum, das Alte in Würde zu erhalten, so Oscar. 1967 erwarben ihre Eltern das Anwesen und das historische Gebäude der Granja Nuestra Señora de Remelluri, eines der ältesten Weingüter in Spanien. Die ganze Gegend rund um die Finca ist geschichtsträchtig. So konnten sowohl prähistorische, romanische, gotische, maurische sowie mittelalterliche Besiedlung bei Ausgrabungen nachgewiesen werden.

8gfsadfasrDer Betrieb hat sich der biodynamischen Weinwirtschaft verschrieben. Die Philosophie der Geschwister ist, dass der Wein die Harmonie zwischen Landschaft, Reben und Trauben widerspiegeln soll. Daher sei es folgerichtig, dass sich auch jeder Jahrgang in der Flasche widerspiegelt, es sollen keine „gemachten“ Weine herauskommen. Die Produktion beläuft sich auf 250 – 300.000 Flaschen pro Jahr.

Viele der Gutsbesitzer in der Umgebung haben in den letzten 30, 40 Jahren ihre Güter vernachlässigt, so hat Remelluri Parzellen aufgekauft und verfügt inzwischen über insgesamt 200 ha Produktionsfläche, die sich auf 250 Parzellen in der Umgebung verteilt. Früher gab es in Labastida über 100 Kleinproduzenten, inzwischen ist eine Handvoll übriggeblieben.

Wir fahren mit Oscar im Geländewagen weitere 100 Höhenmeter den Berg hinauf, bis zu den höchsten Parzellen. Hier bläst ein kühler Nordwind von der Sierra Cantabria herunter, die Trauben reifen sehr spät aus und werden daher erst im November geerntet. Dementsprechend hoch ist die Säure der Trauben, ein ideales Gerüst für saftige Weine. Man setzt auf Vielfalt auch bei den Trauben, das Terroir spielt eine große Rolle.

Die Wertschätzung der alten Struktur und der alten Materialien zeigt sich auch im Keller, der mit altem Holz und Steinen aus der Umgebung gebaut wurde. Der Gutshof selbst ist ebenfalls ein kleines Juwel. Hier wurde mit viel Liebe zum Detail gearbeitet, restauriert und dekoriert.9gdfsgdg

Wir haben das Glück, die Weinverkostung im wunderschönen Garten machen zu können, wo uns Amalia willkommen heißt. Von ihr erfahren wir, dass sie studierte Anthropologin und Biologin ist und seit 2010 das Gut mit ihrem Bruder führt. 2011 gab es den ersten Wein mit ihrer Handschrift. Es gibt zwei Weine unter dem Namen Lindes de Remelluri. Der eine Wein entsteht aus den Trauben der Winzer von Labastida, der andere aus den Trauben von acht Winzern rund um die Ortschaft von San Vicente. Der San Vicente kommt aus Parzellen nahe dem Ebro und ist der üppigere Wein, während der Labastida kühler wirkt, da die Böden ärmer sind und die Ernte später erfolgt.

Lindes de Remelluri Labastida 2014: In der Nase rote Früchte, im Mund frisch und trinkig. Remelluri Reserva 2011: Hagebutte, Süßholz, Tabak, Zeder und Gewürznoten in der Nase, am Gaumen feine, konzentrierte Frucht, perfekt eingebunden in schöne Säure, sehr lang.

Remelluri Gran Reserva 2010: Dunkle Beeren, balsamische Noten in der Nase, im Mund geschmeidig, dicht, mit einem langen Finale.

Beeindruckt von Amalias Gastfreundschaft und Überzeugungskraft, aber auch von der Ausstrahlung des Ortes, machen wir uns auf die Rückreise nach Bilbao.

Resumee unserer Reise:

Die Weinstile in den unterschiedlichen Zonen der Rioja sind immens vielfältig und reichen von opulenten „Krachern“ bis hin zu über Jahre gereiften Weinen, die durch Filigranität und Eleganz bestechen. Es gibt auch hier kein „Richtig“ und „Falsch“. Wir haben aber verstanden, womit die Langlebigkeit mancher Rioja-Weine zu tun hat. Die Tradition der langen Lagerung im amerikanischen Eichenfass ermöglicht es, dass die Weine Jahrzehnte überdauern, ohne an Ausdruck einzubüßen. Es ist wohl eher eine Frage des persönlichen Geschmacks und der Vorlieben. Und so findet auch hier jeder von uns seinen bevorzugten Wein(stil). Zweifellos konnten wir durch die Reise unseren (nicht nur önologischen) Horizont wieder einmal erweitern.

wg

5 Jul 2017

Im Angesicht des Ätna

Die Weinrunde in Sizilien

anfang.com       Eine Verkostung von Ätna-Weinen bei einem Weinrundentreffen hatte uns neugierig gemacht. Damals hatten wir relativ junge Rotweine der Appellation Etna Rosso verkostet, und wir kamen zum Schluss, dass das Gebiet um die Nordseite des Ätna ein lohnendes Ziel für eine Weinreise sein könnte, zumal auch in Fachmagazinen vermehrt Artikel über diese spezielle Weindestination erschienen waren.

Dort wird immer wieder auf die notwendige Pionierarbeit hingewiesen, die es braucht, um den Wert eines Gebietes zu erkennen, in diesem Fall z. B. durch Giuseppe Benanti, aber auch durch den Römer Andrea Franchetti, der bereits in der Toscana mit den Weinen der Tenuta Trinoro aufhorchen ließ.

Die Erzeuger der Gegend setzen auf die autochthonen Rebsorten Carricante und Catarratto bei den Weißen und Nerello Mascalese und Nerello Capuccio bei den Rotweinen. Immer wieder wird der Vergleich mit dem Barolo oder dem Burgunder bemüht, was auch zutreffen mag, da sich die jungen Rotweine durch strenge Tannine auszeichnen und im Alter durchaus an elegante Burgunder erinnern. Allerdings scheint dieser Vergleich für einige Erzeuger Rechtfertigung genug zu sein, um gesalzene Preise für ihre Weine zu verlangen. Wir sind jedenfalls schon gespannt, was uns erwartet.

Tagebucheintrag vom 21.4.2016

Benanti-Viagrande

Den Auftakt unserer Entdeckungsreise bildet – wie könnte es anders sein – das Weingut Benanti in Viagrande. Benanti gilt als einer der Pioniere der Ätnaweine. Eine schöne Einfahrt, gepflastert mit Lavastein, weist uns den Weg zum Ansitz. Der Cavaliere und sein Sohn begrüßen uns freundlich. Er ist ein gransignore und Südtirolkenner. Auch der Sohn schwärmt von unserer Heimatstadt Bruneck, er sei ein „appassionato di finferli“, wie er sagt.drittes

Das Weingut geht auf 1472 zurück, seit 1734 sind Rebberge im Besitz der Familie. Giuseppe Benanti hat 1988 das Weingut übernommen, Ende der 80er Jahre kamen die ersten Weine auf den Markt: Der weiße Pietramarina und der Etna Rosso Rovitello. Die Reben sind zum Teil 100 Jahre alt und wurzelecht.

Im Weinberg bekommen wir Einblick in die geologischen Gegebenheiten, die entscheidend für die Mineralität der Weine sind. Es handelt sich um zwei Arten von Lava: einerseits Bimsstein und als Grundlage Basalt, der das Wasser hält. Die höchsten Lagen reichen bis auf 1150 m hinauf, gewimmt wird Ende September, in den höchsten Lagen erst im Oktober. Das Sortiment wurde inzwischen auf 7 Etiketten reduziert. 70 % der160 000 Flaschen werden in 27 Länder exportiert, der italienische Markt sei nicht interessant.

Der Cavaliere erzählt gerne und hat klare Vorstellungen, was Weinerzeugung anbelangt. So hält er nichts von „Winemakern“, also von Erzeugern, die eher technisch an die Sache herangehen. Weine machen habe mit Leidenschaft zu tun. Seine Weine sollen diese Leidenschaft widerspiegeln.

Der Verkostungsraum ist voll von Diplomen für die prämierten Weine. Zweifellos hat Benanti mit seinen Weinen die Weinwelt in Erstaunen versetzt. So wollen auch wir uns überzeugen lassen von der Qualität seiner Weine. Wir beginnen die Verkostung mit den Weißweinen:

zweitesPietramarina Doc Etna bianco sup. 2012 (100 % Carricante): Noten nach Agrumen, am Gaumen mineralisch-salzig. Pietramarina 1991: Noten nach wildem Fenchel, Mandarine, leichte Feuerstein-Töne, sehr interessant. Pietramarina 1995: leicht oxydativ, nasses Heu, floreale Noten, am Gaumen an Sherry erinnernd; eher schon ein Meditationswein. Rovitello Doc Etna Rosso 2012 (90 % Nerello Mascalese, 10% Nerello Cappuccio): Duft nach Veilchen, Bittermandel, Johannisbeere, am Gaumen schöne Mineralität, Sauerkirsch, Eukalyptus, feine Tannine, elegant und filigran, sehr interessant! Serra della Contessa Doc Etna Rosso 2006 (Nerello Mascalese, Nerello Cappuccio; die Trauben für diesen Wein stammen zum größten Teil von wurzelechten Reben): Schweiß, getrocknete Tomate, Jod, am Gaumen Goudron, Orangenschale, Stachelbeere, elegante Tannine, schöne Länge! Rovitello Doc Etna Rosso 1998: Leder, Kaffee, Zimt, Bitterschokolade, Würze, im Mund Sauerkirsche, Johannisbeere, wunderbarer Schmelz, perfekt eingebundene Tannine, sehr lang im Abgang!

Azienda Agricola Biondi, Trecastagni

Unser nächster Besuch gilt Ciro Biondi, der mit seiner Frau die Azienda führt. In seinem Geländewagen bringt uns der Kahlkopf zu einem Hügel auf ca. 700m Meereshöhe. Bei der Lage „Chianta“ handelt es sich um einen alten Krater aus dem 18. Jh. Wie uns Biondi erklärt, hat sein Urgroßvater die Trockenmauern aus Lavasteinen um 1850 aufgeschichtet, welche die einzelnen Terrassen voneinander abgrenzen. Die Familiengeschichte geht allerdings bis ins 16. Jh. zurück. Alles wirkt sehr idyllisch, neben den Rebzeilen mit großteils wurzelechten Reben finden sich auch Pfirsichbäume. Die Herausforderung besteht darin, dass hier fast ausschließlich Handarbeit zum Einsatz kommt. Biondi erklärt uns, dass seine Weine von Benanti abgefüllt werden.viertes

Im zweiten Weinberg, den wir besuchen, dem 2 ha großen „Vigna di Cisterna fuori“, finden sich Reste einer griechischen Siedlung. Dort wollen wir auch Biondis Weine verkosten. Wir sitzen im Grünen mit Blick aufs Meer und auf den Ätna. Outis 2015 weiß (Carricante, Catarratto): Erdbeere, Gummi, sehr saftig und mineralisch. Der Name des Weines kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Niemand“. Chianta 2013 (Carricante): . Für Biondi soll der Wein eine burgundische Stilistik haben. Der Wein lagert 9 Monate im Eichenfass, was sich im dezenten Vanilleton wiederfindet. Es ist ein sehr komplexer Wein mit Noten nach Feuerstein, buttrigen Tönen, im Mund Agrumen, sehr lang anhaltend. Outis 2014 (rot): Sauerkirsch, Kaffe in der Nase, am Gaumen salzig-mineralisch, etwas (zu) trockene Tannine, wirkt noch sperrig. Cisterna fuori 2012 (rot): Kaffeenoten, im Mund etwas bitter und leicht trocknend, aber gutes Potential.

Tagebucheintrag vom 22.4.16

Cottanera, Castiglione di Sicilia

Das Weingut liegt auf der Nordseite des Ätna auf 700m Meereshöhe und wird seit 1960 von der Familie Cambria geführt. Insgesamt stehen 62 unter Reben, es werden sowohl die typischen autochthonen weißen und roten Rebsorten sowie auch Viognier, Merlot, Cabernet Sauvignon, Syrah und Mondeuse angebaut. Die Produktion beläuft sich auf 300.000 Flaschen.fuenftes

Alles wirkt sehr gepflegt und gediegen, die Lage ist beeindruckend. Etwas Besonderes ist der Verkostungsraum: in einem der Ohrensessel aus Leder sitzend hat man durch das tief heruntergezogene Fenster den Blick frei auf den rauchenden Feuerspucker. Großes Kino!

Von den verkosteten Weinen gefiel uns besonders der L’Ardenza 2010 aus 100% Mondeuse: die Tannine waren zwar noch etwas ungestüm, aber der Wein war saftig mit Noten nach Lakritze. Der weiße Barbazzale 2014 (Viognier und Catarratto) zeichnete sich durch leicht floreale Noten wie Holunder aus, im Mund schöne Mineralität. Der Etna Rosso 2011 mit 90 % Nerello Mascalese reift 9 Monate im Fass, davon die Hälfte im Barrique, das zu 30 % neu ist. Danach bleibt der Wein nochmals 18 Monate in der Flasche, ehe er in den Verkauf gelangt. In der Nase finden sich Noten von roten Früchten, etwas Vanille, am Gaumen präsentiert er sich gut strukturiert und dicht, mit sehr präsenten Tanninen, die noch etwas Zeit brauchen, um geschmeidiger zu werden. Insgesamt ein schöner, interessanter Wein.

Nicht weit von Cottanera befindet sich das Weingut, das wir als nächstes besuchen wollen:

Passopisciaro, Castiglione di Sicilia

Andrea Franchetti war von Anfang an vom Potenzial der Zone und der Rebsorten überzeugt. Seinen ersten Wein, den Passopisciaro, produzierte er im Jahre 2001. Inzwischen hat er sich mit seinen Weinen einen Namen gemacht. Neben Nerello Mascalese mit Reben, die teilweise bis zu 100 Jahre alt sind, baut er auch Chardonnay, Petit Verdot sowie Cesanese d’Affile in kleineren Mengen an. Die Jahresproduktion beläuft sich auf insgesamt ca. 90.000 Flaschen, es werden 26 ha bearbeitet. Franchetti setzt auf Cru-Weine. Inzwischen gibt es 5 Einzellagen: Contrada Chiappemacine, Contrada Porcaria, Guardiola, Sciaranuova sowie die höchste Lage Contrada Rampante, die auf 1000 Metern Meereshöhe liegt. Jede Lage, zwischen 1 und 1 ½ ha groß, liefert ungefähr 2500 Flaschen. Es wird sehr stark ausgedünnt, auf Chemie im Weinberg wird vollständig verzichtet. Den Wein “Franchetti” bezeichnet er als Experiment, die Zusammensetzung der Trauben variiert jedes Jahr. Verwendet werden Petit Verdot und Cesanese d’Affile. Bei der Verkostung können wir uns davon überzeugen, dass Franchettis Weine ohne Zweifel zu den großen gehören. Alle Weine zeichnen sich durch eine klare Stilistik aus und haben diesselbe Handschrift.

Der Passopisciaro 2013 (100% Nerello Mascalese), ein Blend aus den Trauben der unterschiedlichen Contrade, die nicht für den jeweiligen Cru-Wein verwendet werden, duftet nach Himbeere, Jod, Rosmarin, am Gaumen zeigt er sich fruchtig, aber auch würzig, sehr lang und sehr elegant. Auch der Sciaranuova 2013, einer seiner Lagenweine, lässt großes Potential erkennen, auch wenn er noch etwas unrund wirkt. Noten nach grüner Paprika sind dominant. Der Franchetti 2013 aus 100% Petit Verdot präsentiert sich in der Nase vielschichtig nach Himbeere, Zimt, schwarzem Pfeffer duftend, im Mund besticht er durch wunderbar feinmaschige Tannine, würzig-pfeffrige Noten und langen, sehr langen Abgang.

Mittagessen im Ristorante Quota Mille, Randazzo:

Um wieder fit für den Nachmittag zu sein, wollen wir uns mit einem “spuntino” stärken. Unsere Wahl fällt auf das Lokal „Quota Mille“, wie der Name schon sagt, auf 1000m Meereshöhe gelegen. Gut sichtbar ist die Lavazunge des Ausbruchs von 1981, die sich nicht weit vom Lokal heruntergewälzt hat. Das Lokal befindet sich in einem alten palmento, also dem Raum, wo früher der Wein gepresst wurde.

Schnell stellt sich heraus, dass es wohl nicht beim geplanten spuntino bleiben wird: schnell werden vom freundlichen Personal wundervolle Antipasti aufgetischt: gebratene Artischocken, Weichkäse in Kräuterkruste, Wachteleier, diverse salumi, eingelegtes Gemüse… Bemerkenswert ist auch die sehr gute Auswahl an lokalen Weinen. Wir entscheiden uns für den Cirneco 2009, einem reinsortigen Nerello Mascalese von Terrazze dell’Etna, der richtig gut zum herzhaften Essen passt. Ausreichend gestärkt machen wir uns auf zu unserem nächsten Ziel:

Graci, Passopisciaro

planetaRiccardo, der Mitarbeiter von Alberto Graci, empfängt uns im alten Weingut, das mit großer Sorgfalt restauriert wurde. Schnell ist er in seinem Element und erzählt mit Überzeugung von der Philosophie der Azienda. Graci hat im Jahr 2004 mit dem Weinmachen in Passopisciaro begonnen. Von Anfang an war ihm wichtig, möglichst wenig in den Kreislauf der Natur einzugreifen. So ist die Losung, die er an seine Arbeiter ausgibt folgende: das was gelesen wird, müsstet ihr essen wollen, das heißt nur bestes Traubengut kommt in die Weine. Es wird auf die Kraft der Natur gesetzt, sowohl im Weinberg als auch im Keller, das heißt keine künstliche Bewässerung und kein Einsatz von Reinzuchthefen; die Vergärung erfolgt spontan mit Naturhefen, der Ausbau der Weine entweder in Zement oder in mittleren bis großen Fässern. Die Jahresproduktion beläuft sich auf ca. 70.000 Flaschen, die Weinparzellen erstrecken sich bis auf 1100 m und sind teilweise mit sehr alten Reben bestückt. Die meisten Weine werden in die USA exportiert, lediglich 20 % bleiben in Italien. Der Etna Bianco Arcurìa 2013, ein reinsortiger Carricante, zeichnet sich durch schöne Mineralität und Noten nach Akazienhonig und Zitrusfrüchten aus, der Etna Rosso Arcurìa 2013 zeigt in der Nase Noten nach Lakritze und Brombeere, im Mund besticht er durch ein strammes Tanningerüst und sehr gutes Potential. Sehr interessant auch der Etna Rosso Arcurìa 2012: balsamische Noten, Amarenakirsche, sehr süß im Eingang mit wunderbarem Schmelz und langem Nachhall.

Planeta, Passopisciaro

Die Familie Planeta hat neben dem Bau eines neuen Weingutes in Sciara Nuova in der Nähe von Passopisciaro in die Restaurierung eines alten Wohnkomplexes investiert, das aus mehreren kleineren und größeren Gebäuden besteht. Wir werden vom jungen Mitarbeiter Dario empfangen. Er erklärt uns, dass die Familie mehrere Standorte in Sizilien hat und dort Weine produziert. Das Kellergebäude in der Weinlage Feudi di Mezzo ist eines der jüngsten der insgesamt 5. Auf 22 ha werden 5 verschiedene Weine produziert, darunter auch ein Riesling und ein Blauburgunder – ein Experiment, wie Dario sagt. Die Produktionsweise ist biologisch, bis zur Zertifizierung wird es allerdings noch 2 Jahre dauern. Für die Weißweine finden sich hier ideale Bedingungen, da die Tage warm und die Nächte kühl sind, zudem ist es konstant windig, was der Fäulnis der Trauben entgegenwirkt. Die Verkostung eröffnen wir mit einem Carricante metodo classico, der 20 Monate auf der Hefe liegt. Trotzdem wirkt er frisch mit feiner Perlage. Der Etna Bianco 2015 aus 100 % Carricante gefällt durch floreale Noten und einen ausgeprägten Geschmack nach reifem Golden Delicious. Der Riesling 2014 Eruzione 1614 (benannt nach dem großen Ausbruch des Ätna 1614, der 10 Jahre andauerte) hat eine leichte Petrolnote, Pfirsich und Jasmin, im Mund spürt man die Mineralität und die markante Säurestruktur; dürfte sich in der Flasche noch gut entwickeln. Etwas Besonderes ist der reinsortige Nerello Mascalese 2013 Eruzione 1614. Er präsentiert sich sehr rund, elegant mit schöner, ausgeglichener Säure und nicht zu dominanten Tanninen. Auch die Weine aus den 4 weiteren Weingütern sind interessant, wie der uns bereits bekannte Burdese 2010 oder auch der Chardonnay 2014, bei dem inzwischen ganz auf den Einsatz von neuem Holz verzichtet wird, was dem Wein keineswegs schadet.

Tenuta di Fessina, Castiglione di Sicilia

Die Unternehmerin Silvia Maestrelli aus der Toscana hat sich mit der Übernahme dieses Weingutes im Jahr 2007 gemeinsam mit dem bekannten Önologen Federico Curtaz neuen Herausforderungen gestellt. Bis vor 25 Jahren war das sehr schön umgebaute Gebäude ein palmento, also eine Anlage, in der die Trauben weiterverarbeitet wurden.

resumeMit viel Mühe und finanziellem Aufwand wurde der palmento restauriert, so dass man das perfekt ausgeklügelte System von Becken, die den Saft auffangen und die Ableitungen in die Fässer in seiner ursprünglichen Form bewundern kann. Auf dem Weingut werden 14 ha bearbeitet und 65.000 Flaschen produziert, die Parzellen befinden sich in der Nähe von Rovitello und Cavaliere. Als Önologe zeichnet seit 2015 Gian Domenico Negro verantwortlich. Maestrelli ist es gelungen, in diesen knapp 10 Jahren Ätnaweine auf höchstem Niveau zu produzieren. Davon können wir uns bei der Verkostung überzeugen. Besonders beeindruckend ist der Etna Bianco A`Puddara 2013. Die Fermentation erfolgt in Eichenfässern, die Reifung erfolgt im Stahl. Bereits in der Nase präsentiert sich der Wein sehr komplex: Feuerstein, Kamille, Apfel, Mandarinenschale, im Mund Zitrusnoten, elegant, saftig und sehr lang! Der Etna Bianco Il Musmeci 2013 aus 100 % Carricante, der nur im Stahltank ausgebaut wird, zeigt in der Nase floreale Noten, Mandel und leichten Feuerstein, im Mund sehr intensive Zitrusnoten und eine schöne Säurestruktur. Interessant ist auch der Etna Rosso Erse 2014, der ebenfall nur im Stahl ausgebaut wird: delikate Noten nach Veilchen, Kirsch, Marzipan; im Mund sehr ansprechend und trinkig. Den Abschluss bildet der Etna Rosso Il Musmeci 2010 aus 100 % Nerello Mascalese: Balsamische Noten, Würze in der Nase, im Mund dicht, mit schönem Schmelz, wunderbar eingebundene Tannine und mit einer außergewöhnlichen Länge – beeindruckend!

Zum Abschluss fahren wir nach Taormina, um dort in der „Osteria del Nero d’Avola“ zu essen: nettes Lokal mit freundlichem Chef, der sich der „slow food“-Philosophie verschrieben hat. Die rohen Fischvorspeisen sind sehr gut, der Schaumwein von Terrazze dell’Etna rosè (aus Nerello Mascalese) passt vorzüglich dazu.

Resümee unserer Reise:

Die Ätnaweine präsentieren sich vielschichtig und elegant, zeichnen sich durch Langlebigkeit aus, die besten Gewächse brauchen den Vergleich mit Weinen aus Burgund oder Piemont nicht zu scheuen. Auch wenn es in der Gegend um den Ätna noch relativ gemächlich zugeht, zeigen sich doch bereits Ansätze eines einsetzenden Booms. Das merkt man an den angezogenen Preisen für einige Weine, das hört man aus den Beschreibungen einiger Weinproduzenten heraus, die allzu oft die Ähnlichkeit ihrer Tropfen mit denen aus Frankreich oder den Langhe bemühen. Klar ist: Die Weine wollen verstanden werden, sie erschließen sich nicht unmittelbar und sind eng mit dem Terroir verknüpft. Das macht sie einzigartig. So wie die Produzenten, die mit viel (auch körperlichem) Einsatz und Hingabe die Parzellen bearbeiten. Also: Sizilien ist allemal eine Reise wert!schluss

14 Feb 2016

Im Paradies des deutschen Spätburgunders

Die Weinrunde in Baden

Es tut immer wieder gut, über den Tellerrand hinauszuschauen und damit den eigenen Horizont zu erweitern. Dies kann auf unterschiedliche Art geschehen. Die wohl nachhaltigste Möglichkeit ist, sich auf Reise zu begeben und die Möglichkeit des direkten Kontaktes mit Land und Leuten zu nutzen.

Bereits vor einigen Jahren war die Reise an die Mosel eine Offenbarung für uns (seither sind wir erklärte Riesling-Fans). Dass in Deutschland, genauer in Baden, auch hervorragende, ja große Burgunder erzeugt werden, wussten wir zwar, doch hatten wir bisher nicht die Gelegenheit gehabt, uns davon zu überzeugen.

Baden erstreckt sich in einem ca. 140 km langen KaiserstuhlStreifen von Basel bis nach Baden-Baden. Insgesamt gibt es sieben Weinbauzonen in Baden. Die besten Blauburgunderlagen finden sich in den Bereichen um den Kaiserstuhl, einem 500 m hohen Vulkankegel, der mit angewehtem Löß bedeckt ist, und dem 300 m hohen Tuniberg, der aus Kalkstein besteht. Die Gegend um den Kaiserstuhl gehört zu den wärmsten in ganz Deutschland. So werden im Sommer bis zu 40 Grad gemessen. Die Winzer, die um den Kaiserstuhl und den Tuniberg ihre Reben hegen und pflegen, wollen wir besuchen und uns von der Qualität der Badischen Burgunder ein Bild machen.

Tagebucheintrag vom 24.4.15

Weingut Bernhard Huber – Malterdingen im Breisgau

Wir sind bei einem der Großen der Badischen Winzerszene, wenn nicht DEM Großen. Nachdem Bernhard Huber 2014 plötzlich verstorben ist, führen seine Frau und sein Sohn das Weingut. Die Wände des Verkostungsraumes sind mit Auszeichnungen aus dem Gault Millau austapeziert.

Es werden im Jahr 180.000 Flaschen produziert, auf 30 ha, davon fallen 70 % auf Pinot noir. Die Bedingungen sind ideal, sehr den Bodenverhältnissen der Cotes d’Or ähnlich, nämlich Muschelkalk. Wir werden darüber aufgeklärt, dass im 13. Jahrhundert die Zisterzienser die Pinot-Reben aus dem Burgund mitgebracht haben. Die Rebe sei wie eine empfindliche Ehefrau, erklärt uns Peter Lepold, der Verkaufsleiter der Hubers. Es wird versucht, auch in schlechteren Jahrgängen die Qualität zu halten, dafür wird mehr im Weinberg selektioniert. Doch nicht nur für die Weine bietet die Gegend ein großes Potential, auch für Feinschmecker ist die Gegend ein gelobtes Land, findet sich doch die höchste Konzentration an Sternelokalen hier. Von der gesamten Produktion gehen 20 % nach Japan.

Bei der Verkostung des „einfachen“ 2012er gefällt uns die schöne Himbeerfrucht und die knackige Säure. Der 2012er sei einer der besten Jahrgänge seit Langem.

Der Bienenberg Großes Gewächs 2012 reift 18 Monate im Barrique, die Reben sind zwischen 40 und 65 Jahre alt. In der Nase Noten nach Feuerstein, verbranntem Gummi, Schweiß, er weist eine sehr gute Struktur und sehr feine, elegante Tannine auf.

Der 2012er Sommerhalde Großes Gewächs zeigt sich noch sehr verschlossen, lässt aber einen großen Wein erahnen.

Der Schlossberg Großes Gewächs zeigt rauchige Noten, Räucherspeck, sehr komplexer Wein.

Tagebucheintrag vom 24.4.15

Weingut Reinhold & Cornelia Schneider, Endingen (Kaiserstuhl)

Der Kaiserstuhl besteht aus Vulkangestein. Das Weingut findet sich mitten in Endingen; in der Mitte des Innenhofes steht eine wunderschöne, 120 Jahre alte Eiche. Wir werden vom Sohn Martin empfangen.

Ohne Umschweife gehen wir zur Verkostung der Weine. Der Sohn hat eine trockene, aber nicht unsympathische Art zu erzählen. Zu den Eckdaten: die Schneiders bearbeiten knapp 8 ha mit einem Ertrag von 10.000 Flaschen. Von der Produktion entfällt die Hälfte auf Spätburgunder, die andere Hälfte sind Weiße. Jedes Jahr wird zwischen 15 und 20 % neu gepflanzt.

Wir beginnen mit dem Auxerrois, einer eigenen Rebsorte, die die Hugenotten mitgebracht haben. Der Wein ist sehr gefällig und trinkig.

Die Lese erfolgt bei den Schneiders noch klassisch per Hand, anschließend werden die Trauben im Ganzen gepresst. Alle Burgunder werden im großen Holzfass vergoren. Vor der Füllung liegen die Weine bis zu 2 Monate auf der Hefe.

Hervorzuheben der 2011er Weißburgunder Auslese 2011. Sehr schöner Wein mit knackiger Säure und leichter Restsüße im Abgang sowie der Graue Burgunder Auslese R 2011: Rauchig, Zitrus, im Mund knackige Säure.

Spätburgunder 2011 Diehl: Saftig, rund. Er wächst auf Lößboden, es handelt sich um einen warmen Standort. Spätburgunder Schönenberg 2011: elegant, schön eingebundenes Holz, Erdbeernoten im Trunk.

Die Unterschiede der Böden widerspiegeln sich in den Weinen: Lößboden bringt weichere, etwas breitere Weine hervor, der Vulkanboden sorgt für mehr Mineralität und knackigere Säure.

Übernachtung in der „Krone“ in Gottenheim. Zimmer nett, Frühstück gut, Essen unterschiedlich.

Tagebucheintrag vom 25.4.15

Weingut Dr. Heger, Ihringen

Wir starten unsere Verkostungstour im schmucken Örtchen Ihringen, die Fassaden sind herausgeputzt, das Wetter ist zum Eierlegen.

weinrunde2Da wir um 9 Uhr unangemeldet hereinschneien, ist die sympathische Dame im Verkaufsraum etwas überfordert. Allerdings verspricht sie, uns in einer Stunde zu empfangen. So ist es dann auch. Sie erklärt kompetent und freundlich die Geschichte des Weingutes. Es wurde im Jahr 1935 vom Arzt Dr. Max Heger gegründet. Er betrieb den Weinbau neben seiner Arztpraxis. Seit 1992 führt Joachim Heger, der Enkel von Max, das Weingut. Um die große Nachfrage zu befriedigen, wurde im Jahr 1986 das „Weinhaus Dr. Heger“ ins Leben gerufen. Vertragswinzer liefern Trauben, die dann im Betrieb verarbeitet werden.

Rund 40 ha stehen unter Bearbeitung des Weingutes, davon werden 120.000 Flaschen erzeugt.

Die Gran-Cru-Lagen Ihringer Winklerberg und Achkarrer Schlossberg sind steile Lagen auf Vulkangestein. Hier werden die höchsten Durchschnittstemperaturen von ganz Deutschland gemessen, mitunter kann es bis zu 40 Grad heiß werden. In den Steillagen wird mit Raupen gearbeitet, in den Lagen der Großen Gewächse kommt ganz traditionell ein Pferd zum Einsatz, um den Boden so wenig wie möglich zu belasten. Die Großen Gewächse kommen nach zwei Jahren in den Verkauf. Die Jahrgänge 2011 und 2012 waren sehr gut, der 2013er Jahrgang brachte säurereichere Rote hervor.

Die Verkostung der Weine gestaltet sich herausfordernd: bereits am Morgen so viele Weine zu verkosten ist nicht einfach, zudem sind die Weine viel zu schade, um sie alle zu spucken. Doch anders geht es leider nicht. Wir verkosten die Weine immer im Zweiervergleich.

Beim Vergleich seien hervorzuheben der 2012er Winklerberg gegen den Achkarrer Schlossberg, beides Große Gewächse. Der Winklerberg präsentierte sich schon zugänglich, während der Achkarrer Schlossberg noch sehr verschlossen war – beides sehr interessante Weine.

Dass die Weine Alterungspotential haben, zeigt die Verkostung des 2004er und des 2007er Winklerberg. Der 2007er weist elegante, leicht rauchige Noten auf, sehr elegant und rund, während der 2004er in der Nase zwar leichte Alterungstöne aufweist, sich im Mund aber noch erstaunlich präsent zeigt.

Eine Klasse für sich ist der 2012er „Häusleboden“ Winklerberg: Trinkeleganz von vorne bis hinten, sehr schöne Fruchttiefe, wunderbar feinmaschige, eingebundene Tannine. Er wird im großen Fass vergoren und reift dann im kleinen Fass. Es handelt sich um die höchsten Lagen und alte Reben. Der Genuss hat seinen stolzen Preis: 68 Euro…

Weingut Bercher – Burkheim

weinrunde3Das Weingut liegt im malerischen Örtchen Burkheim mit einem wunderschönen Ortskern. Der Flieder blüht. Hier lässt es sich lauschig unter Bäumen sitzen und sinnieren… Doch der gemütliche Teil kommt später. Martin Bercher empfängt uns im sehr schönen, fast 300 Jahre alten Haus. Wie er uns erklärt, ist seine Familie in 10. Generation hier und bewirtschaftet den Hof. Dazu gehören 24 ha Eigenlagen sowie 11 ha in Pacht. Der Winzer bewirtschaftet das Gut gemeinsam mit seinem Bruder. Der 46jährig ist sehr gesprächig, redet schnell und lacht viel. Er betreibt auch noch einen Cateringservice, bei dem er zu den zubereiteten Gerichten die passenden Weine kredenzt. Er sagt, seine beiden Kinder, 12 und 15, sollen ihre Gaumen schulen, indem sie mit ihm Essen gehen, das wäre manchmal besser als in die Schule gehen…

Auch zum Klimawandel hat Martin etwas zu sagen: „Wir müssen vorbereitet sein auf die allgemeine Erwärmung. Deshalb bauen wir seit den 90er-Jahren Merlot und auch Cabernet an.

Die Bercher-Weine zeichnen sich durch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aus. So ist der Weißburgunder Burkheimer 2014 Ortswein ansprechend, mit dezenten Zitrusnoten und schöner Säure. Der Weißburgunder Feuerberg Haslen Großes Gewächs 2013 hat Fülle, Frucht und Eleganz, ebenso der Grauburgunder aus derselben Lage, der dazu noch geschmeidig buttrig-schmalzig wirkt. Chardonnay Spätlese 2013: der Wein hat einen schönen Zug, es handelt sich um eine Lagencuvee, die Böden sind Löss und vulkanischen Ursprungs. Dieser Wein sollte laut Martin hervorragend zu exotischen Gerichten passen.

Interessant auch der Blanc de Noir, bei dem der Saft des Spätburgunders Feuerberg 2011er abgezogen wurde. Auch hier, meint Martin, würde ein Curry perfekt passen.

Er unterstreicht, dass sie nicht einen französischen oder internationalen Spätburgunder machen, sondern einen Badischen.

weinrunde4Spätburgunder Burkheimer Feuerberg Großes Gewächs 2012: Komplexe Nase, sehr schöner Wein (Kommentar von Martin: Wir bleiben mehr auf der fruchtigen Seite, anders als z. B. Huber, der eher französische Stilistik macht oder Schneider, dessen Weine gerbstoffbetonter sind.“)

Zum Abschluss führt uns Martin noch in den Keller. Das freitragende Gewölbe sei einzigartig hier in der Gegend, sagt er. Zum Abschied gibt es noch das obligate Gruppenfoto mit dem sympathischen Winzer.

Weingut Salwey – Oberrotweil

Das Wunderbare bei den Badischen Weingütern ist, dass man auch ohne Voranmeldung hereinschneien kann. Die Türen sind sozusagen immer offen, der Verkauf ab Hof hier in dieser Gegend normal.

So besuchen wir auch das Weingut Salwey, wo uns Karin Bolz, die Schwester des 2011 verstorbenen Seniorchefs und Tante des jetzigen Chefs Konrad, die Weine kredenzt und wortreich beschreibt und erzählt. Durch das besondere Klima in der Oberrheintalebene ergäben sich hier meist gute Jahrgänge, erfahren wir. Der Kaiserstuhl sei die Region mit der höchsten Sonnenscheindauer in Deutschland, auch sei die Niederschlagsverteilung ideal. Die besonderen Böden aus Löß und verwittertem, wärmespeicherndem Vulkangestein gäben den Weinen eine schöne Mineralität. Spätburgunder Reserve Salwey 2012: Himbeerfrucht, leichter Bitterton, aber schön zu trinken, Spätburgunder Kirchberg Großes Gewächs 2012: komplexer Wein mit großem Entwicklungspotential.

Während wir verkosten und fachsimpeln, schaut der Chef kurz vorbei, ein smarter junger Mann, und hebt lobend hervor, dass er bei seinem Besuch in Südtirol herzlich aufgenommen wurde. Wie könnte es auch anders sein…

Tagebucheintrag vom 26.4.

Noch kurz bei Schneider in Endingen vorbeigeschaut, um den bestellten Wein abzuholen. Die Ladekapazität der Kofferräume ist langsam erschöpft. Das Ehepaar begrüßt uns freundlich, es reicht aber nur für einen kurzen Smalltalk, wir müssen weiter. Wir wollen den Rhein überqueren und einen Abstecher ins Elsass machen.

Nachdem wir die natürliche Grenze überquert haben, fällt einerseits die französische Straßenbeschilderung auf, andererseits sind die Namen der Dörfer, durch die wir fahren, deutsch. Und sie erinnern sehr an deutsche Ortschaften mit ihren schmucken Fachwerkhäuschen. Sind wir nun in Frankreich oder in Deutschland? Vermutlich haben die Menschen hier damit zu leben gelernt, dass sie einerseits zu Frankreich gehören, andererseits deutsche Wurzeln haben. Hier wird auch noch (zumindest von den älteren Bewohnern) ein Dialekt gesprochen, der sich aus dem Alemannischen herleitet. Die Dörfer, durch die wir kommen, haben sich einen Charme erhalten, der kaum noch zu finden ist. Hier wirkt nichts disneylandtouristisch herausgeputzt und aufgemöbelt.

Der Gebirgszug der Vogesen schirmt die Weinberge vor zu viel Regen ab, und die Spitzenlagen zwischen Bergheim und Gueberschwihr werden am besten geschützt, da dort die Berge am höchsten sind. Unser Ziel ist Bergheim, wir wollen zu einem der Großen im Elsass, zu

Domaine Marcel Deiss – Bergheim

weinrunde5Wir sind nicht die einzigen Gäste (was bei so einem bekannten Namen nicht anders zu erwarten war), so dass der perfekt italienisch sprechende Mitarbeiter immer wieder von einem Tisch zum anderen springen muss. Er erklärt uns, dass Marcel Deiss ein großer Verfechter des Terroir-Gedankens ist. Die Beschaffenheit und der Charakter des Bodens müssten sich im Wein widerspiegeln. Zudem setzt er konsequent auf biodynamischen Weinbau.

Wir verkosten die verschiedenen Qualitäten, angefangen von der Cuvee Berkem 2012, die alle Rebsorten des Elsass ausdrücken soll. Die Honignoten in der Nase finden sich im Gaumen mit einer schönen Süße wieder. Die Cuvee Engelgarten2012 hat Anklänge an Rosinen, Honig und am Gaumen eine schöne Mineralität. Der Lagenwein Grasberg 2010 zeichnet sich durch große Komplexität und schöne Mineralität aus. Die Gran Cru Schoenenbourg 2010 wird aus 100 Jahre alten Reben erzeugt. Er hat Zitrusnoten in der Nase, ein wunderbares Süße-Säurespiel und große Fülle.

Liegt es an der zwar durchaus professionellen, aber etwas unpersönlichen „Abwicklung“ der Verkostung, die auch geprägt ist von relativ langen Wartezeiten auf den Angestellten oder auch an der eigenen Stilistik der Weine, die sich uns nicht unmittelbar erschließen? Wir gehen mit gemischten Gefühlen und etwas unsortierten Eindrücken weg.

Nun brauchen wir eine Stärkung. Es bietet sich die Wistub du Sommelier in Berkheim an. Das sehr schöne, alte Lokal ist hübsch eingerichtet, die Chefin empfiehlt kompetent und mit etwas lauter Stimme Weine aus der Gegend. Die Weinkarte zeichnet sich durch Etiketten lokaler Produzenten aus, bekanntere wie auch kleine, unbekanntere Produzenten. Das Essen überzeugt nicht alle, dafür schmeckt uns der Pinot Noir „F“ 2012 des jungen Winzers Florian Beck-Hartweg so gut, dass wir beschließen, ihm einen Besuch abzustatten.

Domaine Florian Beck-Hartweg – Dornbach La Ville

weinrunde6Die Eltern von Florian empfangen uns freundlich im Innenhof des über 200 Jahre alten Hauses. Alles ist sehr einfach, hier würde der Begriff WeinBAUERN im besten Wortsinn zutreffen. Die Familie produziert auf 6 ha ca. 25.000 Flaschen nach biologischen Grundsätzen. Hier wird noch alles von Hand gemacht, der Ertrag wird niedrig gehalten. Auch hier hatte man im letzten Jahr Probleme mit der Kirschessigfliege. Die Rotweine werden nur in alten Fässern vinifiziert, um die Tannine und die Frucht der Trauben zu behalten. Wie uns die Mutter im elsässischen Dialekt erklärt, ist die Gran-Cru-Einzellage nach dem nahegelegenen Frankstein benannt, einer Graniterhebung. Der Vater scherzt, dass der Sohn über zwei sehr kostengünstige Mitarbeiter verfüge, nämlich die Eltern. Beide sind überzeugt von dieser Art des Weinerzeugens, für sie scheint es der einzig richtige Weg zu sein. Es gilt, mit Respekt gegenüber dem Boden, den Trauben und den Menschen, die ihre Weine genießen wollen, zu arbeiten und zu wirtschaften.

strassbourgDer Pinot Noir Cuvee Prestige 2013, den wir verkosten, wächst zwar in den Gran-Cru-Lagen, darf aber nicht als solcher klassifiziert werden, weil diese Rebsorte nicht in die Appellationsbestimmungen fällt. Der Wein hat schöne Frucht und präsente Tannine. Sehr interessant der Pinot Gris Gran Cru Frankstein 2012 mit florealen Noten und im Gaumen schöne Frucht und Anklänge an Mandel, hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis! Der Gewurztraminer Vendange Tardive 2008 duftet nach Rosen, im Mund sehr sauber mit eleganter Süße. Überraschend gut auch der Gewurztraminer Selection de Grains Nobles 2007: Intensive Noten nach getrockneten Früchten (Marille, Sultanine), im Gaumen elegant mit schöner Mineralität.

Unsere Fahrt geht weiter nach Strassburg, wo wir im hervorragenden Restaurant et Boudoir 1741 für den Abend einen Tisch reserviert hatten. Das Essen war ein Genuss, der Service sehr professionell und freundlich.

Tagebucheintrag vom 27.4.

Weingut Dujn, Bühl

Vor unserer Heimfahrt wollen wir nochmals Jacob Duijn (gesprochen Doin) in Bühl einen Besuch abstatten, bei dem wir bereits bei unserer Ankunft vorbeigeschaut hatten. Wir treffen den ambitionierten Holländer und seine bosnische Frau in ihrer gut sortierten Vinothek im Industriegebiet von Brühl. Der Verkostungsraum ist recht gemütlich, hier wurde mit wenig Aufwand etwas Ansprechendes gemacht. Mit seiner holländischen Offenheit empfängt er uns. Er war Sommelier (u. a. bei Witzigmann), dann auch Weineinkäufer bei der Bremer Importfirma Segnitz. Hier in Bühl hat sein Traum vom eigenen Weingut Gestalt angenommen, als er im Jahr 1994 seinen ersten Weinberg kaufte. Inzwischen verfügt er über Spitzenlagen wie dem Bühlertaler Engelsfelsen oder dem Altschweier Sternenberg.

Seine Passion gilt dem Spätburgunder. Der Autodidakt produziert auf 6,5 ha pro Jahr an die 20.000 Flaschen. Es sei es nicht einfach Fuß zu fassen, erzählt er, vor allem, wenn man einen etwas anderen Weg einschlägt wie er. So setzt er auf Spontanvergärung, konsequent biologischen Weinbau ohne Chaptalisierung und vertraut dabei ausschließlich auf die Kraft der Natur. Er sei kein Grüner, sagt er, aber es sei unsere Verpflichtung, auf die Natur zu achten und mit den Gesetzen der Natur zu arbeiten.

Er sagt, er lasse den Wein kommen wie er kommt. Wenn man dem Lauf der Natur folgt, können auch kleinere Jahrgänge herauskommen, denn man könne eben nicht jedes Jahr einen großen Wein machen. Diese kleineren Jahrgänge seien beim Pinot „sexy“, meint Dujn.

Viele denken, Pinot müsse jung getrunken werden, Jacob Dujin ist aber überzeugt, dass seine Weine im Alter erst richtig interessant werden. Er sagt er trinke jeden Tag einen Pinot von anderen Erzeugern weltweit. Mit der Vinothek habe er die Welt hier!

Gelernt hat er sein Handwerk u. a. bei Bernhard Huber, der bei einer Verkostung seiner Weine gesagt haben soll: „Der Wein hat einen Fehler, einen großen Fehler – er liegt im falschen Keller!“ So viel zur Bewertung seiner Weine durch einen Pionier des Badischen Pinot…

Auch wir können uns bei der Verkostung von der Qualität seiner Weine überzeugen:

Der Pinot noir „SD“ 2006 verfügt über große Eleganz, schöne Fruchttiefe und großes Potential; der Pinot noir „SD“ 2004, ein etwas schwieriger Jahrgang, hat eine markante Säure und wirkt im Gaumen noch etwas sperrig; Pinot noir „SD“ 2002 aus der Magnumflasche ist sehr elegant, würzig, mit großer Fülle und schönen, dezent rauchigen Noten.weinrunde8

Und so treten wir auch diesmal die Heimfahrt mit vielen interessanten Eindrücken, neuen Erkenntnissen, Erinnerungen an nette Begegnungen mit freundlichen, offenen Menschen und nicht zuletzt prall gefüllten Kofferräumen an.

wg

7 Nov 2014

Auf gute Nachbarschaft

Die Weinrunde im Trentino

Tagebucheintrag vom 7.11.14

Die „bollicine“, also Schaumweine, die in der Flasche vergoren werden, sind ein Thema, dem wir uns bisher nicht wirklich intensiv gewidmet hatten. Da es in unserer Nachbarprovinz Trentino, aber auch in Südtirol einige namhafte Hersteller von hochwertigen Schaumweinen gibt, wollten wir diese Lücke schließen und gleichzeitig auch die Gelegenheit nutzen, einige interessante Rotweine zu verkosten. Weiterlesen

25 Apr 2013

Von Charakterköpfen und Charakterweinen

Die Weinrunde im Roussillon

Tagebucheintrag vom 25.4.2013

Die Côtes du Roussillon liegt von uns aus nicht gerade ums Eck, um sich in einem gemütlichen Ausflug als Ziel ansteuern zu lassen. Das sollte uns aber nicht abhalten, die Tour de Force auf uns zu nehmen und in 12 Stunden von Bruneck bis knapp an die Spanische Grenze, zu den Ausläufern der Pyrenäen, zu brettern. Das Ganze in einem Kleinbus, der sich wunderbar eignet, eine Kinderfussballmannschaft ins benachbarte Dorf zum Spiel zu karren, als Gefährt für lange Strecken aber durchaus seine Grenzen hat, vor allem in punkto Komfort. Trotzdem: wir haben es geschafft und wie immer, sehr interessante Eindrücke (und nicht zuletzt auch Weine!) mitgebracht. Aber schön der Reihe nach.

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9 Nov 2012

Geschichtsträchtige Hügel und autochthone Sorten

Die Weinrunde in den Colli Orientali del Friuli

Tagebucheintrag vom 9.11.12

Pervini, Povoletto

friaul_01Erste Station unserer kurzen Reise ist das Weingut Pervini in Povoletto. Der junge, ambitionierte Alessandro Pervini führt das Weingut inzwischen mit seinem Vater. Er erzählt, dass seine Linie, sich auf wenige Weine zu konzentrieren, anfangs bei seinem Großvater auf Unverständnis gestoßen sei. Jetzt hätten sich die Wogen geglättet, und sowohl der Großvater wie der Vater unterstützen seinen Weg inzwischen. Nach einer 6jährigen Ausbildung in Ospitale folgten Aufenthalten im Bourdeaux und im Burgund, die für ihn prägend waren.

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29 Okt 2011

Nuraghe und Bottarga

Die Weinrunde auf Sardinien

29 Mai 2010

Toscana mon amour

Die Weinrunde in der Toscana

Besuchte Kellereien:

  • Tenuta Valgiano
  • Tenuta Due Mani
  • Le Macchiole
  • Grattamacco
  • Ampeleia
  • Mastrojanni
29 Okt 2009

Im Land des Nebels und der Großen Weine

Die Weinrunde im Piemont

 

Besuchte Kellereien:

  • Cigliutti
  • Sandrone
  • Bartolo Mascarello
  • Rinaldi
  • Domenico Clerico
  • Fratelli Pira

Essen im „Ciao del Tornavento“